[Gespräche] Episode 37 – Der perfekte Mitarbeiter

Jochen: Achim? Achim, ich werfe dir jetzt mal ein Adjektiv zu.
Achim: Ja?
Jochen: Ich habe jetzt hier den virtuellen Ball. Wo sitzt du gerade in welchem Bezirk von Berlin?
Achim: Ich?
Jochen: Ja.
Achim: Ich sitze in Wilmersdorf.
Jochen: Wilmersdorf? Prima. Ich werfe dir jetzt mal den virtuellen Ball von Johannisthal nach Wilmersdorf. Achim: Perfekt. Was fällt dir ein zu „Perfekt“?
Achim: Jochen.
Jochen: Das muss schneller gehen. Genau, ich wäre der perfekte Mitarbeiter. Leute, Leute, Leute. Wir haben ein spannendes Thema heute und bevor wir loslegen, wir haben das alles wieder zusammengefasst für euch unter: Unternehmer.link/37. Da könnt ihr das als PDF downloaden. Unternehmer.link/37.

Der perfekte Mitarbeiter ist heute das Thema, Achim, und mich gruselt das ja ein wenig, weil gibt es sowas wie einen perfekten Mitarbeiter?
Achim: Gute Frage. Gibt es den perfekten Unternehmer?
Jochen: Ja.
Achim: Ach tatsächlich?
Jochen: Ja. Du.
Achim: Touché, ja.
Jochen: Touché.
Achim: Ja, das war mir jetzt neu, aber gut zu wissen.
Jochen: Ja.
Achim: Ja, also deshalb, „Nobody is perfect“ heißt es ja so schön und insofern glaube ich, ist es auch oder nach meiner Erfahrung kann ich sagen, genauso wenig wie es den perfekten Unternehmer gibt, gibt es den perfekten Mitarbeiter.
Jochen: Aber ich glaube, das ist ja ein Thema, dem man sich positiv annähern kann, dass man vielleicht sagen kann, okay, es gibt vielleicht nicht den perfekten Mitarbeiter, aber es gibt den Mitarbeiter, der vielleicht perfekt für meine Firma passt oder für den entsprechenden Job, den ich besetzen möchte.
Achim: Ja.
Jochen: Kommen wir da ins Geschäft?
Achim: Ja, so allmählich wird es wärmer.
Jochen: Wird es wärmer. Ja gut.
Achim: Ja.
Jochen: Wie kannst du denn noch das Feuer weiter schüren sozusagen, entzünden, dass es noch wärmer wird?
Achim: Naja, also ich würde es mal so sagen, also den perfekten Mitarbeiter für den jeweiligen Job, da kommen wir der Sache sicherlich schon näher, aber letztendlich ist es ja so, da auch da niemand perfekt ist, also finde ich vielleicht einen Mitarbeiter, der annähernd perfekt ist für diese Position oder für den Job, aber auch dort wird es natürlich so sein, dass von den ganzen Skills, die ich mir so wünschen würde, ja? Man hat ja so ein großes, großes Wunschkonzert am Anfang, wenn man sich überlegt, „Okay, ich möchte Stelle X besetzen, wie sollte der Kandidat optimaler Weise sein oder die Kandidatin?“, ja?
Jochen: Und das lassen wir mal einfach als Cliffhanger jetzt, denn jetzt möchte ich mit dir gerne mal nochmal einen Schritt zurückgehen und sagen, wir drehen jetzt an der Zeitschraube und schreiben das Jahr 1996, als du mit deiner Firma am Lauenburger Platz, glaube ich, gesessen hast.
Achim: Ja.
Jochen: Von eins bis zwei.
Achim: Stimmt.
Jochen: Und wie hast du zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiter eingestellt, das würde mich jetzt mal interessieren, Achim. Oder müssen wir noch weiter zurückgehen?
Achim: Ne. Ne, ne, das reicht, sonst kann ich mich gar nicht mehr erinnern, außerdem habe ich davor, glaube ich, ich weiß gar nicht, ob ich davor Mitarbeiter eingestellt habe. Doch, also mehr oder weniger eingestellt.
Aber ja, wie habe ich es gemacht? Also da ich keinerlei Erfahrung hatte, mir auch keiner gesagt hat, wie es geht und ich zugegebenermaßen mich auch nicht wahnsinnig belesen habe zu dem Thema – also schon ein bisschen habe ich mich damit damals angefangen zu beschäftigen – habe ich damals ganz klassische Vorstellungsgespräche geführt. Ich habe die Kandidaten eingeladen auf eine Stunde, habe davon eine halbe Stunde erzählt, wer wir so sind, was wir so alles schönes machen und dann habe ich noch weitere 10 Minuten darauf verwendet, den Kandidaten zu fragen, ob er noch Fragen hat, die ich jetzt nicht beantwortet habe und dann hat der Kandidat im Zweifelsfalle nochmals 10, 15 Minuten oder 20 Minuten etwas zu sich erzählt.
Jochen: Wenn es gut lief.
Achim: Wenn es gut lief.
Jochen: Vielleicht hat er auch gar nichts gesagt, ne?
Achim: Wenn es gut lief. Oder ich habe nochmal eins/zwei Fragen gestellt, warum er den Job möchte und ob er es sich denn zutrauen würde. Sinngemäß, also jetzt mal die verkürzte Variante.
Jochen: Und da hat er gesagt, „Ja und Ja“.
Achim: Genau, da hat er gesagt, „Ja, finde ich gut hier. Ja, traue ich mir zu“ und dann war das Bewerbungsgespräch zu Ende und hinterher habe ich dann überlegt, nachdem ich so zwei, drei, vier, fünf weitere geführt habe mit anderen Kandidaten, „So, was hat mir das jetzt gebracht?“. Dachte ich mir, „Ja, der war mir sympathisch oder die oder wie auch immer“.
Jochen: Okay.
Achim: „Der oder die nicht“. Klar, so bestimmte Fähigkeiten, ob die jemand hat oder nicht, habe ich natürlich anhand des Lebenslaufes gesehen, hab auch mal nach eins, zwei Sachen gefragt. Aber das ist vielleicht auch noch ganz wichtig zu unterscheiden, wenn man beispielsweise einen Ingenieur sucht. Also was für ein bestimmtes Fachgebiet oder bestimmte fachliche Kompetenzen unabdingbar sind, ist es, glaube ich, in der Personalauswahl immer noch etwas anderes, als wenn man einen Job sucht, wo (und so war es bei mir jetzt in der ersten Linie) jemand zwar optimaler Weise Erfahrung dort hat, aber eher so als Skill. Wenn jemand gut organisieren kann, sich selbst gut strukturieren kann, ist er grundsätzlich nicht ungeeignet für diesen Job, er muss aber nicht besondere Kenntnisse in einem Spezial- oder Fachgebiet zwangsläufig haben. Verstehst du, was ich meine?
Jochen: Das heißt, er muss eher das besondere Skillset haben, gut organisieren zu können, was wichtiger ist, als jetzt irgendwie, was weiß ich, in einer Disposition vom Transportunternehmen gearbeitet zu haben, sondern dieses organisieren können ist eigentlich mit das wichtigste Skill, was er dafür braucht, oder wie kann ich das verstehen?
Achim: Ja, organisieren und sich selbst auch strukturieren, auch andere optimaler Weise strukturieren, aber ich denke, ich will eher darauf, also wenn ich jetzt einen Arzt suche, wenn ich also einen Arzt einstellen möchte ein Ohrenmediziner, also einen Ohrenarzt, dann ist natürlich klar, dass er die entsprechende fachliche Ausbildung haben muss und darüber brauche ich dann auch nicht mehr großartig zu sprechen, ja?
Jochen: Okay.
Achim: Wenn ich aber in vielen Berufen, in denen sich ja auch Menschen selbstständig machen, wo sie Mitarbeiter suchen, wo es vielleicht gar keine direkte Jobbeschreibung gibt, also heißt es ja nicht irgendwie, du musst Ohrenarzt sein oder Facharzt für Ohrenheilkunde et cetera und die und die Anforderungen ganz genau habe ich, also dass ich das genau festmachen kann, genau wie ich jetzt eine pädagogische Ausbildung haben muss oder ähnliches, sondern das sind ja häufig Jobs, wo man Mitarbeiter sucht, die theoretisch gesehen vielleicht auch aus anderen Richtungen kommen können. Also wenn ich für ein Event, für den Eventbereich jemanden suche, kann der eventuell auch aus der Hotelbranche oder Kongressbranche kommen, weil er es auch da hat.
Jochen: Okay, aber das unterscheidet sich jetzt, ob du jemand für eine Promotion suchst oder als Mitarbeiter für deine Firma, das ist ein Unterschied. Also wenn du jetzt zum Beispiel sagst, du suchst für deine Firma für den Kern der Mitarbeiter sozusagen, würdest du dann immer einen Veranstaltungskaufmann suchen oder würdest du heute sagen, das muss nicht sein?
Achim: Ja, genau darauf will ich hinaus, also das führt jetzt schon fast wieder zu weit.
Jochen: Ja.
Achim: Aber dass es in diesem Beruf, also natürlich jetzt klassischerweise Veranstaltungskaufmann oder –frau wäre jetzt die Job-Description, aber es gibt natürlich Menschen, die in der Vergangenheit Jobs gemacht haben, die auch mit organisieren, mit strukturieren et cetera zu tun gehabt haben, die jetzt ähnlich gelagert waren, aber nicht zwangsläufig gelernte Veranstaltungskaufleute sind.
Jochen: Verstehe.
Achim: Und die kommen ja trotzdem auch in Frage, darauf will ich hinaus. Während, wenn ich einen Ohrenarzt suche, der muss ja logischerweise Ohrenarzt sein, ja? Also dann kann ich nicht irgendwie einen Arzt für Innere Medizin oder sowas einstellen, wenn ich also ein Ohrenarzt bin und eine Praxis dafür habe.
Jochen: Okay. Prima
Achim: Das ist der Unterschied.
Jochen: Ich denke, wir sind ja gerade im Jahr 1996, da ist noch eine große Form der Verwirrung. Jetzt spulen wir mal kurz zurück und gehen wieder ’96, ’97, ’98, ’99, 2000. Jetzt sind wir bei 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und jetzt ist das Besondere, dass du mir gesagt hast im Vorgespräch, „Ja, also ich habe da heute eine ganz andere Art, jemand einzustellen beziehungsweise ein Bewerbungsgespräch zu führen oder klassisch jemand zu finden“. Was ist der Unterschied zu früher? Was hat sich für Dich heute verändert, nachdem du gewisse Erfahrungen gemacht hast, gewisses Wissen Dir erarbeitet hast und vielleicht auch eine Reihe von Fehlentscheidungen getroffen hast?
Achim: Ja, sicherlich. Also das ist auch schon die schlechte Nachricht an der Stelle, hatte ich glaube ich schon beim letzten Podcast irgendwie gedroht, dass ich das ankündige, denn vor Fehlern ist man natürlich nie gefeit und auch heute passiert es mir noch, dass ich eine Person einstelle und sich das vielleicht dann doch als keine optimale Lösung herausstellt. Das passiert immer noch, aber ich denke, es geht darum, einfach zu versuchen, das zu minimieren und natürlich auch insgesamt wegen den ganzen Anforderungen, die sich ja auch geändert haben, also weg vom Arbeitgebermarkt und hin zum Arbeitnehmermarkt. Weil wenn ich mit befreundeten Unternehmern spreche, dann haben ja ganz viele die große, große Schwierigkeit, überhaupt geeignete Kandidaten und Bewerber zu finden, die in Frage kommen und das ändert sich ja. Also das dreht sich insofern um, dass immer mehr sich das Unternehmen ja auch beim Bewerber bewirbt, ja?
Jochen: Verstehe.
Achim: Früher war es ja ganz klassisch so, dass ich als Arbeitgeber gesagt habe, „Okay, kannst du ja Glück haben, wenn ich dich einstelle, dann bist du einer der Auserwählten, weil es gibt tausend andere von dir auf dem Markt, die diesen Job auch haben möchten“. Das ist mittlerweile halt nicht mehr so und je nach Branche kann das sogar radikal anders geworden sein.
Jochen: Okay.
Achim: Und in meiner Branche ist es glücklicherweise noch so, dass wir nach wie vor relativ viele Bewerbungen bekommen und eine recht hohe Auswahl haben, aber ich weiß, dass es bei anderen teilweise auch anders ist. Aber das ist wieder da vorgelagert, wie finde ich überhaupt einen geeigneten Kandidaten, ja? Und damit beschäftigen wir uns ja heute nicht.
Jochen: Ach so, okay.
Achim: Ja, also im Sinne von, wenn ich nicht genug Bewerbungen bekomme. Also habe ich jetzt eine Firma, wo ich Spezialisten benötige, die aber nur noch selten am Markt da sind, muss ich mir natürlich ganz anders behelfen, aber wir gehen jetzt ja von dem Fall aus, dass ich genügend Bewerber habe und jetzt versuche, den passenden Bewerber für mich herauszufiltern.
Jochen: Ja okay.
Achim: Richtig?
Jochen: Richtig. Jetzt haben sich da eine Reihe von netten Menschen beworben mit netten Fotos.
Achim: Genau.
Jochen: Alle entsprechend vielversprechend. Wie geht es jetzt weiter?
Achim: Wie geht es weiter? Also als erstes screene ich natürlich alle.
Jochen: Das heißt, du heftest die alle an den Bildschirm ran. Du machst Fotos und dann klebst du die mit Tesafilm über deinen Bildschirm.
Achim: Nein, also der Prozess: Man muss sich das vorstellen, dass normalerweise, wenn wir Stellen ausschreiben, kann man davon ausgehen, dass ich, je nachdem wenn es ganz wenige sind, dann sind es vielleicht so 60/70 Bewerbungen und das können aber auch 200 Bewerbungen sein.
Jochen: Okay.
Achim: Die bei uns so reinkommen, ja? Und da passiert folgendes, das erste Step: Erstmal eine Mitarbeiterin nach bestimmten Kriterien aussortiert, nenne ich es mal.
Jochen: Was sind das für Kriterien?
Achim: Dass sind Kriterien einmal natürlich, ich sage mal, allgemein Erfahrung. Also es kommt jetzt drauf an: Suche ich jetzt einen erfahrenen Menschen auf Senior Level, dann bewerben sich trotzdem immer eine ganze Reihe von Menschen, die gerade von der Uni kommen oder ihre Ausbildung beendet haben oder gerade mal Berufsanfänger sind und ein Jahr Berufserfahrung haben, ja?
Jochen: Also gute Leute dort draußen, wenn Ihr gerade studiert habt und da steht „Senior“ in der Anzeige, dann heißt das bei Achim, dass Ihr Euch besser nicht bewerbt, weil ihr sowieso schon rausgescreent werdet am Anfang. Ist richtig, ne?
Achim: Ja, was soll ich sagen? Also wenn ich jemanden benötige, der ein Team führen kann von, weiß ich nicht, ein halbes Dutzend Leuten, entsprechende Projektgrößen steuern kann mit vielleicht Etatvolumen von einer Million oder mehr, dann tut es mir herzlich leid, dann ist noch eine gewisse Erfahrung notwendig, um das abbilden zu können.
Jochen: Verstehe. Gut.
Achim: Ja?
Jochen: Also das heißt, ein Kriterium wäre zum Beispiel Erfahrung, ja? Das heißt, ihr setzt euch vorher zusammen, du setzt dich mit der entsprechenden Mitarbeiterin zusammen und sagst, „Das sind die Kriterien, screen das mal bitte“.
Achim: Genau, richtig.
Jochen: Okay.
Achim: Also das ist eigentlich das Hauptkriterium auch, also Erfahrung und ob das zu weit von dem weg ist, was wir tun oder ob das einigermaßen passen könnte. Und so wie das der Fall ist, geht das weiter rein und dann die Übrigbleibenden – also so viele sortieren wir im ersten Step dann ja auch gar nicht aus – die schaue ich mir genauer an.
Jochen: Wie viel bleiben am ersten Step, so mal in der ersten Frontline sozusagen schon mal hängen? Kann man das so sagen? 10%, oder?
Achim: Naja.
Jochen: Ist schwer zu sagen?
Achim: Weiß nicht. 25% vielleicht.
Jochen: Okay, gut.
Achim: Es kommt auch drauf an, manchmal hat man so Bewerbungen, also es gibt interessanterweise gibt es eine Ausschreibung, da hat man das Gefühl, man hat irgendwas anderes reingeschrieben als das, was irgendwie an Bewerbungen reinkommt und guckt dann vorsichtshalber nochmal, ob das wirklich die richtige Anzeige war, weil die Bewerbung überhaupt nicht zusammenpasst, also die Anzeige und die Bewerbung, aber im Großen und Ganzen passt das schon einigermaßen und dann werden die ersten aussortiert, ja? Das klingt jetzt hart, aber ist dann halt eben so. Und dann schaue ich mir die genauer an und dann geht es einfach darum, wer von den Anschreiben oder von den Lebensläufen, die ich mir als erstes anschaue, offensichtlich am Besten auf mein Profil passen kann. Und da ist es schon mal ganz wichtig, also weil es gibt ja diese Hard Facts und es gibt Soft Skills, ja? Und die harten Fakten muss ich mir halt vorher überlegen, das ist ganz wichtig. Das heißt also, wenn ich weiß, dass eine Person ein bestimmtes Know-how zwangsläufig mitbringen muss, dann darf ich eben nicht den Fehler machen, mich durch ein sympathisches Anschreiben oder weil er so ein hübsches Bild hat oder was weiß ich, irritieren zu lassen und zu sagen, „Ach komm, lade ich ihn trotzdem ein“, weil wenn der Hard Fact nicht gegeben ist und ich habe das vorher für mich definiert, dass das unabdingbar ist, dass, keine Ahnung, diese 15 oder wie viele auch immer Fakten einfach stimmen müssen, ja? Dann sollte ich mich daran auch halten.
Jochen: Okay. Das heißt, du legst vorher fest, der muss die und die Ausbildung haben oder muss so und so viele Jahre Berufserfahrung haben und die Sachen, die müssen einfach vorhanden sein. Als Beispiel.
Achim: Ja. Ja, das sind jetzt gerade wahrscheinlich nicht die Beispiele, nach denen ich gehen würde.
Jochen: Fällt dir ein konkretes Beispiel ein?
Achim: Ein konkretes Beispiel? Ja, also natürlich beispielsweise Teamsteuerung. Also wenn ich weiß, dass diese Person ein Team steuern muss und Führungserfahrung haben muss, ja?
Jochen: Ja.
Achim: Weil ich eben auch von mir aus ein selbstbewusstes Team habe, wo der reinpassen muss. Dann ist für mich klar, jemand, der eben noch nie ein Team gesteuert hat, der kommt von vornerein nicht in Frage.
Jochen: Okay.
Achim: Beispielsweise. Ja und danach sortiere ich dann eben und das ist, glaube ich, auch ganz wichtig, dass also diese fachlichen Anforderungen, dass ich die vorher definiert habe und mich dann auch daran halte und sage, „Okay, diese fachlichen Anforderungen müssen halt erfüllt sein“ und dann so, Punkt. Wenn ich das aufweiche, das hört halt nicht auf und ich weiche an der einen Stelle auf und an einer anderen Stelle weiche ich auf, ja? Also das führt mich nicht zum Ziel, gerade wenn ich eine ganze Anzahl von Bewerbungen habe und Bewerber habe.
Jochen: Okay.
Achim: Deshalb halte ich mich da eben auch dran. So. Und ich glaube, was aber jetzt fast noch interessanter ist, das ist, wie es jetzt eigentlich weitergeht.
Jochen: Genau.
Achim: Wie komme ich jetzt zu dem Prozess hin, dass ich den richtigen auswähle, ja? Und da sind wir schon seit Jahren dazu übergegangen, das auf eine etwas andere Methode zu machen, als das noch so klassischerweise üblich ist und das ist so eine Mischung zwischen Vorstellungsrunde und Mini-Assessment-Center, will ich es mal nennen, ja? Eigentlich hätten wir mal einen Namen dafür erfinden sollen, haben wir aber bisher nie getan und insofern heißt das bei uns einfach nur „Vorstellungsrunde“.
Jochen: Vorstellungsrunde/Mini-Assessment-Center.
Achim: Genau, so ähnlich.
Jochen: Also die VMA-Methode.
Achim: Genau. Ja, vielleicht fällt uns noch was Schickeres ein. Keine Ahnung. Nein, also darauf gekommen bin ich, ehrlich gesagt, also auf diese Art so ein bisschen aus der Not eine Tugend gemacht, weil auf Grund der vielen Bewerbungen, die wir häufig bekommen und mir es schwerfällt, eben einfach nur anhand von Bewerbungen auch das mir anzuschauen und zu sagen, ohne dass ich die Person kennengelernt habe, ohne dass ich mit der gesprochen habe, die gesehen habe, die erlebt habe, kommt in Frage oder kommt nicht in Frage. Daher bin ich dafür, lieber einer Person mehr eine Chance zu geben als einer zu wenig, weil oftmals da so Rohdiamanten dabei sind, die, wenn man es jetzt sich nur laut Lebenslauf angucken würde, wahrscheinlich eher aussortieren würde, ich aber so sage, „Okay komm, ich fasse das ein bisschen weiter und nehme diese Person mit rein“ und damit habe ich auch ganz gute Erfahrungen gemacht, ja? Und der Trick dabei, der „Trick“ ist einfach der, dass wir mehrere Kandidaten gleichzeitig einladen.
Jochen: Okay. Und wie funktioniert das jetzt? Also jetzt sind die dann eingeladen, die kommen zu einem festen Termin zur gleichen Zeit in gleicher Kleidung, in gleicher Größe, mit gleicher Haarfarbe.
Achim: Genau. Naja, so ähnlich.
Jochen: Okay, gut.
Achim: Also es ist tatsächlich so, wir laden zu sogenannten Vorstellungsrunden ein und das sind meistens so sechs Personen, die wir dann gleichzeitig einladen.
Jochen: Ja.
Achim: Haben es auch schon mal mit acht gemacht, aber das ist schon so die absolute Schmerzgrenze meines Erachtens. Und dann passiert folgendes, das läuft also so ab, dass zum einen ich dann etwas über das Unternehmen erzähle und zwar so 15 bis 20 Minuten, weil das ist wieder das Stichwort „Wir bewerben uns auch bei den Kandidaten“. Das ist ja eine gegenseitige Vorstellung und besonders viel wissen die über das Unternehmen auch nicht und mir ist es wichtig, dass die auch einen möglichst guten Einblick bekommen in das Unternehmen und auch darin, was sie bei uns erwartet, also Stichwort „Erwartungshaltung“, nicht dass da völlig falsche Erwartungshaltungen da sind. Das ist mir also auch ganz wichtig. Und das heißt also, ich stelle erstmal das Unternehmen vor, versuche, das zu beschreiben und zwar auch nicht nur immer in den schillerndsten Farben, sondern eben auch durchaus gewisse Gegebenheiten, die die Branche so mitbringt, was das Stichwort Arbeitszeiten angeht, Zeitdruck, Abgabedruck, alles was dazugehört, weil auch das mir wichtig ist, von vornerein einfach klarzumachen, was los ist im Unternehmen.
Jochen: Okay.
Achim: So, danach werden dann die Kandidaten gebeten, sich vorzustellen. Die haben im Vorfeld die Möglichkeit bekommen zu entscheiden in der Einladung, ob sie sich einfach nur so vorstellen, ob sie das mit Hilfe einer Laptop-Präsentation machen möchten, ob sie den Beamer brauchen, ob sie den Flipchart brauchen, was auch immer. Das stellen wir denen eben zur Verfügung. 80% aller Teilnehmer machen eine Präsentation über Laptop, die teilweise sehr spannend ist. Das ist natürlich auch schon eine gewisse Stresssituation für die Kandidaten, da sie vor ihren Mitbewerbern sich vorstellen müssen.
Jochen: Und das bekommen sie sozusagen vorher als Information, dass sie sich vorstellen sollen.
Achim: Ja.
Jochen: Und dass sie die Möglichkeit haben, die Art der Präsentation zu wählen, ob sie Beamer nehmen wollen oder ohne alles oder wie auch immer.
Achim: Richtig. Wir schreiben ihnen eine Einladung, indem wir ihnen sagen, dass sie mit anderen Kandidaten zusammen in einer Vorstellungsrunde sich präsentieren werden, dass sie ungefähr drei bis dreieinhalb Stunden Zeit mitbringen sollen und schreiben ihnen genau rein, also was wir dort tun, also dass es erstmal eine Vorstellung der Firma gibt, dass sie sich dann selber vorstellen vor ihren Wettbewerben mit eben den Möglichkeiten, die wir genannt haben und im Nachgang dann zum Abschluss nochmal eine gemeinschaftliche Aufgabe zu lösen ist.
Jochen: Mit allen Teilnehmern?
Achim: Mit allen Teilnehmern.
Jochen: Also eine Assessment-Gruppe.
Achim: Richtig, genau. Und ja, dann stellen die sich alle vor und halten ihre Präsentationen. Wir machen es da so, das ist vielleicht noch ganz wichtig zu wissen, wenn man so etwas einführen möchte, dass wir dort dann allerdings keine fiesen Fragen stellen, also keine indiskreten Fragen zum Lebenslauf, also dass wir sagen, „Ja okay, das ist für uns jetzt nicht stringent, warum haben Sie das da und da gemacht?“ oder ähnliches. Sondern wir beschränken uns, wenn wir dort Fragen stellen, auf einfach Verständnisfragen und nochmal kurz etwas nachzufragen, aber wir haken zu diesem Zeitpunkt, das sagen wir dann auch vor dieser Vorstellungsrunde, nicht nochmal tiefer rein.
Jochen: Okay. Gut.
Achim: Weil das dann einfach ein bisschen zu intim wäre. Ja, danach dann, wenn die sich alle vorgestellt haben, das ist natürlich für uns sehr spannend zu sehen, wie machen die das, wie treten die auf, können die auftreten, gerade wenn es darum geht natürlich, womöglich ein Team zu steuern, sich zu präsentieren, wie selbstsicher sind sie, welche Art der Präsentation haben sie gewählt, wie modern sind sie auch in diesen Dingen. Das sind also alles Dinge, die wir natürlich schon erkennen können und wir können häufig da auch schon erkennen, okay, so vom Auftreten oder von der Art und Weise, wie die sich darstellen, ist es ein erstes Indiz schon mal dafür, ob das, was man gedacht hat aus der Bewerbung raus zu lesen, ob sich das bewahrheitet oder in eine völlig andere Richtung geht.
Jochen: Okay.
Achim: Das ist also für mich ganz wichtig, also zu der Aufgabe, zu der ich gleich komme, weil häufig, wenn ich Bewerbungen sehe und das lese und in Deutschland ist es ja immer noch alles mit Bild auch, dann macht man sich eben auch ein bestimmtes Bild in diesem Zusammenhang von der Person, ja? Und das ist ganz interessant, dass manchmal diese Bilder, wenn man die persönlich erlebt in der Form, wenn die sich präsentieren müssen vor einer kleinen Gruppen, völlig anders darstellt. Also ich habe wirklich sehr selbstbewusst geschriebene Bewerbungen erlebt, auch mit Menschen, also mit Bildern, wo ich gedacht habe, „Wow, das ist eine Person, gutes auftreten, hohes Selbstbewusstsein, kann sich total gut verkaufen, schreibt wahnsinnig gut die Bewerbung, also sehr eloquent“ und dann habe ich die gesehen, wenn die da vorne gestanden haben und sich selbst präsentiert haben live und in Farbe und davon ist nichts mehr übergeblieben. Also der Eindruck, den ich hatte nur auf der schriftlichen Bewerbung, hat sich dann in der persönlichen Vorstellungsrunde überhaupt nicht mehr bestätigt. Und in so einer Runde habe ich eben die Möglichkeit, eben Kandidaten mir näher anzuschauen, als ich das sonst tun würde, ja? Und das ist für mich der große Vorteil, denn ich spare ein bisschen Zeit, allein schon, weil ich nicht irgendwie sechs Leuten einzeln was über meine Firma erzählen muss, jeder stellt auch andere Fragen und interessanterweise sind alle, nachdem sie anfangs angespannt sind, am Ende viel lockerer, spätestens wenn ich zu der Aufgabe komme. Sie bekommen von uns noch eine Aufgabe, in diesem Fall eine organisatorische Aufgabe. Bei uns müssen sie eine Party planen.
Jochen: Ja. Ist das meistens die gleiche Aufgabe immer, oder?
Achim: Das ist normalerweise die gleiche Aufgabe, ja.
Jochen: Okay.
Achim: Um das auch ein bisschen vergleichen zu können. Das heißt, sie haben eine Stunde Zeit als Team, ja? Als Team und sie haben ein bestimmtes Budget, was sie verwenden können und müssen für den gleichen Abend eine Party planen nach bestimmten Vorgaben.
Jochen: Die findet dann auch statt?
Achim: Ne, die findet dann leider nicht statt, aber vielleicht eines Tages machen wir das mal, wer weiß es. Und da müssen sie uns hinterher dann auch einige Faktoren davon präsentieren. Also natürlich gucken wir während des Prozesses zu, um zu sehen, wie agiert wer, was für Charaktereigenschaften haben wir in den Personen, ist da jemand besonders dominant, hält sich jemand ganz besonders zurück, kann sich jemand durchsetzen, bringt sich jemand ein? Denn alle wissen natürlich, dass wir uns das anschauen und dass es darum geht, in erster Linie zu sehen, wie sie agieren, wie sie sich einbringen.
Jochen: Also das heißt, ihr schaut euch an, ihr seid sozusagen in dem gleichen Raum, in dem sie die Party vorbereiten.
Achim: Richtig.
Jochen: Um dann zu sehen, wie sie agieren.
Achim: Richtig. Wie sie ihre Rolle finden, weil sie müssen innerhalb kürzester Zeit ja ein Team bilden.
Jochen: Ja.
Achim: Und müssen in diesem Team ihre Aufgaben verteilen, müssen darüber sprechen, wie sie das machen. Sie sind sehr frei in der Gestaltung, also sie müssen das komplett erstmal einschränken, das Feld abstecken, wie sie diese Aufgabe lösen wollen und hinterher auch, wie sie uns das präsentieren wollen und das natürlich unter starkem Zeitdruck und unter Beobachtung.
Jochen: Ja und dann sind wir ja eigentlich auch schon am Ende, wenn das dann passiert ist, dann kristallisiert sich ja auch relativ schnell raus mit diesen ganzen Tools und Techniken, die ihr dort verwendet, wer letztendlich von diesen sechs Leuten welche ein oder zwei da die richtigen sein könnten, ne?
Achim: Ja, das ist richtig. Also nach so einem Gesamteindruck, den man dann bekommen hat, in Verbindung damit, dass wir natürlich immer eine gewisse, wir haben ja im Hinterkopf immer den Gedanken, „Für welche Stelle ist das? Wie ist das Team? Wie ist der Kunde? Kann die Person da reinpassen? Können wir uns das vorstellen“, weil es ist ja ein People Business und auch unser Ansprechpartner auf Kundenseite, das muss ja passen. Können wir uns das in irgendeiner Art und Weise vorstellen? Das ist dort bei uns ganz wichtig, was wir unseren Kandidaten auch sagen, dass es häufig aus solchen Runden vielleicht vier gibt, die potentiell geeignet wären, so einen Job zu machen, wir sie uns aber für unseren speziellen Kunden oder unsere speziellen Anforderungen auch an dem Team schlicht und ergreifend nicht vorstellen können, was aber nichts mit der Qualifikation zu tun hat.
Jochen: Okay.
Achim: Und aus dem Grunde sortieren wir dann eben aus und die Kandidaten, die verbleiben, mit denen führen wir dann wiederum Einzelgespräche.
Jochen: Okay und das geht dann wie?
Achim: Das geht dann wie? Dass wir als erstes nochmal auf diese Gesamtsituation eingehen, nochmal nachfragen, wie sie diese Situation empfunden haben, wie sie sich selbst bewerten würden im Vergleich zu den Mitbewerbern, die eben vor Ort gewesen sind. Also wir stellen da so ein bisschen auch etwas fiesere Fragen im Sinne von, wen sie nehmen würden, sich selbst jetzt mal ausgeschlossen, und warum. Das sind also beispielsweise Fragen, die wir dann stellen, um zu wissen, wie die damit umgehen, ja?
Jochen: Okay. Das heißt, die sind dann im Recall sozusagen.
Achim: Ja, ja. Ich weiß, das sagen einige. Die sind im Recall dann. Vielleicht was ich noch erwähnen möchte, ich will nochmal ganz kurz einen Schritt zurückgehen, weil wichtig ist uns auch, dass in diesen Bewerberrunden wir auch alle Teilnehmer nach ihrem Feedback fragen, also einmal nach der Planungsaufgabe fragen wir sie hinterher, sollen sie spontan bewerten, mit welcher Schulnote sie ihre eigene Leistung bewerten.
Jochen: Okay.
Achim: Mit einem Satz als Kommentar. Und zum anderen ist uns immer noch ganz wichtig, dass sie auch insgesamt uns ein Feedback geben, wie sie die Bewerberrunde empfunden haben. Jetzt kann man natürlich da sagen, „Naja toll, die sind in einer Bewerbungssituation, die werden natürlich nur was Positives sagen“ und genau das ist eigentlich auch der Knackpunkt dabei, weil wir versuchen immer, von ihnen kritische Aussagen zu bekommen, das heißt, wir sagen schon ganz klar, dass wir es uns wünschen würden, dass sie beispielsweise einen Verbesserungsvorschlag machen, dass sie sagen, wo sie denken, dass irgendwas noch nicht optimal läuft, das man was verbessern könnte. Und das ist für uns nochmal ganz wichtig, halte ich auch für ganz wichtig, um zu schauen, ob sie in der Lage sind, auch das irgendwie zu handeln, ja? Also in einer Situation womöglich auch zumindest, vielleicht nicht klassische Kritik, aber zumindest noch eine Ergänzung oder einen Verbesserungsvorschlag zu haben.
Jochen: Okay.
Achim: Und das ist auch tatsächlich schon passiert, was wir dann also auch umsetzen, ja? Finde ich also tatsächlich auch wertvoll. Ja, das noch ganz kurz dazu.
Und wenn sie dann im Recall sind – das kriege ich alles in dieser halben Stunde gar nicht unter. Ich merke schon, dass ich die Hälfte immer weglasse von dem, was ich eigentlich noch alles erzählen müsste.
Jochen: Ja, wir sind sogar schon fast am Ende wieder, ja.
Achim: Wir sind schon fast am Ende? Dann vielleicht nur noch eine Sache, die für mich ganz wichtig ist, wenn es um die Fragen geht, die man im Einzelgespräch führt, weil viele werden natürlich sagen, „Okay, das ist mir alles viel zu aufwendig, so viele Bewerber habe ich nicht, ich stelle nur einzelne Fragen“. Ich habe mal von einem sehr schlauen Personalmenschen diesen Ausdruck „Schweinchentreiberfragen“ gelernt und das ist das, was ich eingangs sagte, als wir in 1996 gewesen sind, wie ich die Bewerbungsgespräche geführt habe. Denn was, glaube ich, ganz, ganz wichtig ist, man darf nicht sogenannte Schweinchentreiberfragen stellen, die da beispielsweise sind: „Also bei uns ist es häufig auch ganz schön stressig, macht ihnen denn das was aus? Wie ist denn das?“. Dann weißt du, dass der auf jeden Fall sagen wird, „Naja, das macht mir natürlich nichts aus, da kann ich gut mit umgehen“. Ja. Das heißt also, solche Fragen bringen mir überhaupt nichts, ja? Sondern es ist natürlich wichtig also offene Fragen zu stellen oder eher zu sagen, „Okay, wenn Sie in der Vergangenheit Situationen gehabt haben, die für Sie belastend und anstrengend waren, wie sind Sie damit umgegangen, wie haben Sie darauf reagiert? Was war das Resultat dieser Situation dann?“, also versucht, anders heranzugehen, ja? Oder, „Was war Ihr letzter oder größter Misserfolg? Wie haben Sie sich verhalten, was war das Ergebnis?“, also um die aus der Reserve zu locken. Und vor allem die Regel in einem Vorstellungsgespräch, wenn ich eben eine Stunde oder anderthalb Stunden rede (ich würde mir immer auf jeden Fall anderthalb Stunden mindestens Zeit nehmen, gerade wenn es das erste Mal ist) 70%, wenn nicht besser 80% fragen und 20% selber reden. Das ist schon mal die Grundregel.
Jochen: Okay.
Achim: Weil es geht ja darum, möglichst viel über den Kandidaten zu erfahren.
Jochen: So wie jetzt.
Achim: So wie jetzt?
Jochen: Ja.
Achim: Wenn ich jetzt nur rede, meinst du.
Jochen: Genau.
Achim: Du stellst die Fragen und ich rede zu 80% oder 90% wahrscheinlich.
Jochen: Ja, das ist ja genauso. Wenn ich jetzt zu viel sagen würde, würde ich auch viel weniger erfahren, also ich finde, das ist genau die gleiche Situation. Also ich bin super dankbar. Das ist sehr, sehr spannend.
Achim: Ja. Also es gibt eine Menge Literatur ja über dieses ganze Thema und viel, viel gutes auch dabei und was mir auch immer geholfen hat, ist mich da ein bisschen umzutun. Also ich habe jetzt leider keine konkrete Buchempfehlung, ehrlich gesagt, dazu gibt es auch einfach zu viel, aber mittlerweile hat es sich ja schon fast bei jedem herumgesprochen, dass es bestimmte Faktoren gibt, auf die man unbedingt achten sollte. Und gerade letzteres, die Art der Fragestellung, ich glaube, dass das immer noch häufig falsch gemacht wird, gerade auch manchmal vor falscher Scheu oder Scham solche Fragen zu stellen. Oder gerade auch, wenn der Bewerber mal wenig sagt oder wenn nur eine kurze Antwort kommt, dieses Schweigen auch zuzulassen, das kann echt Gold wert sein, weil es gibt nichts komischeres in einem Bewerbungsgespräch, man stellt eine Frage und dann kommt nur so eine ganz schmale Antwort, die einem nicht wirklich befriedigt und auch nachzufragen, nochmal zu sagen, „Okay, das reicht mir jetzt noch nicht, also fällt Ihnen noch dazu ein? Welche Situation können Sie sich noch vorstellen? Was ist Ihnen sonst nochmal passiert?“. Also dieses auch nochmal nachfragen, nachbohren, tiefergehen, das ist meines Erachtens ganz, ganz wichtig, weil häufig macht man den Fehler, dass man sich zu schnell einfach damit zufrieden gibt mit einer Antwort, die einem eigentlich nicht befriedigt und man nichts wirklich über den Kandidaten erfährt und das Entscheidende ist ja, dass die aus sich herauskommen sollen. Und wenn das, um das jetzt abzuschließen, auch noch zur Zufriedenheit gelaufen ist, dann was sicherlich auch sinnvoll sein kann, wenn man die Chance in irgendeiner Art und Weise hat, zumindest einen Tag oder optimaler Weise sogar eine Woche die Person in dem Unternehmen zu haben.
Jochen: Also wie eine Art Praktikum sozusagen, oder wie macht man das?
Achim: Wie eine Art, ja, Probearbeiten, nenne es, wie du willst, zumindest dann wenigstens einen Tag und an diesem Tag möglichst viele Kollegen die Chance zu geben, diese Person kennenzulernen. Wir machen das auch, dass wir sagen, also bestimmte Einführungen an diesem Tag passiert durch verschiedene Personen. Eine Person geht auch mit dem mittags essen, die zweite Person erklärt dem, wie bestimmte Dinge bei uns strukturiert sind, versuchen eine konkrete kleine Aufgabe zu geben, die gelöst werden soll und möglichst die Chance zu haben, diese Person zu kennen.
Jochen: Macht ihr das prinzipiell oder von Fall zu Fall?
Achim: Wir machen das, wenn wir es irgendwie schaffen, weil häufig ist natürlich das Problem immer ein zeitliches. Also es gibt wahrscheinlich auch den ein oder anderen, der draußen jetzt sagt so, „Oh Gott, wann soll ich denn das alles machen? Das kostet unheimlich viel Zeit“. Ja, das kostet viel Zeit. Also unseren letzten Prozess, der ist jetzt noch gar nicht lange her, da bin ich, das haben wir auch noch nicht mal in Berlin gesucht, sondern in Köln gesucht, da bin ich also jede Woche mindestens einmal dahingeflogen und das kostet Zeit, das kostet Geld, aber am Ende kann man zumindest sagen, „Okay, ich habe das nach besten Wissen und Gewissen ausgesucht“ und letztendlich reden wir auch darüber, dass diese Person und gerade im Kleinunternehmen jeder einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiterin extrem wertvoll ist oder sein sollte.
Jochen: Ja. Ja und ich denke, das ist halt auch eine Investition, die man tätigt, diese Zeit, weil es eben wichtig ist, auch den richtigen Kandidaten zu finden.
Achim: Richtig.
Jochen: Und da ist vielleicht die eine halbe Stunde mehr oder Stunde mehr, die man investiert, gut investiert, weil sie sich dann natürlich zigfach nochmal nachher auszahlen.
Achim: Ja. Auch da kann man Fehler machen und es kann passieren, dass man die falsche Person erwischt am Ende.
Jochen: Selbstverständlich.
Achim: Aber zumindest hat man es nach besten Wissen und Gewissen minimiert.
Jochen: Achim. Ich versuche es mal zusammenzufassen. Ich bin heute mal die Susi, was sagst du dazu?
Achim: Das ist eine tolle Idee. Ich kann auch nicht mehr reden jetzt.
Jochen: Also die Bewerbung kommen bei euch rein, dann gibt es erstmal einen Screening-Prozess, das heißt, man schaut erstmal, sozusagen bespricht erstmal mit einer Mitarbeiterin, die das durchführt, was die entsprechenden Kriterien sind, Ausschlusskriterien, die sozusagen dazu führen, dass der nicht weiter im Bewerbungsprozess kommt. In der Regel fallen dann 25% raus. Dann gibt es als nächsten Schritt die Auswahl durch dich, der dann schaut, „Passt das entsprechend? Gibt es die Hard Facts und stimmen die?“, die entsprechend zu der Position passen. Du empfiehlst auch, bei diesen Hard Facts zu bleiben und das nicht aufzuweichen, sondern wirklich dann auch sagen, das sind meine Kriterien, um die es geht, die zu der entsprechenden Position passen.
Im nächsten Schritt geht es dann darum, dass man einen, wie ihr das genannt habt, einen VMA-Prozess habt. Ich habe jetzt die lange Version gar nicht mehr im Kopf. Da werden sechs bis acht Kandidaten eingeladen, an einem gleichen Tag mit gleicher Frisur, gleicher Kleidung zur gleichen Uhrzeit am gleichen Tag.
Achim: Ja, ja.
Jochen: Und da gibt es sowas wie ein Mini-Assessment-Center. Die Kandidaten werden vorher gebeten, sich darauf einzustellen, dass sie eine Präsentation machen werden. Du wirst zunächst dann 15 Minuten die Firma vorstellen, um auch klar zu machen, sozusagen dich auch zu bewerben bei den Kandidaten und dann geht es darum, dass sie sich selber vorstellen, das können sie mit Beamer machen, an der Tafel machen, am Whiteboard machen, je nachdem, wie das gewünscht wird. Die meisten führen dort eine Präsentation durch. Danach gibt es dann nochmal eine Feedback-Runde entsprechend und dann hat man letztendlich am Ende des Tages, am Ende der dreieinhalb Stunden, die das circa dauert, noch eine gemeinsame Übung mit allen Teilnehmern oder allen Bewerbern. Diese Bewerber machen dann eine kleine Aufgabe, in der Regel ist das eine Partyplanung und man hat dann, während man im Raum ist, während sie diese Party planen, schon eine gute Auswahl, um dann im nächsten Schritt klassisch ein Vorstellungsgespräch nochmal zu führen mit den entsprechenden Kandidaten, die dann vorausgewählt wurden.
Wenn man das dann erreicht hat, man hat sich für einen Kandidaten entschieden, macht es Sinn, eine Probearbeit zu machen im Unternehmen. Und ich hoffe, du bist noch wach. Und dann hat man idealweise einen richtigen Kandidaten dort für die entsprechende Position gefunden. Was sagst du dazu? Können wir das so stehenlassen? Du hast noch was zu ergänzen, sehe ich.
Achim: Nein, nicht zu ergänzen, aber vielleicht ganz wichtig, ein Punkt, den wir jetzt gar nicht besprochen haben, weil die Frage ist ja, für wen suche ich diesen Kandidaten? Und natürlich sollte immer die Person, die mit diesem Kandidaten auch in erster Linie, also mit dieser Person zusammenarbeiten soll künftig, mit einbezogen sein. Also es ist ja schön, wenn ich diesen Kandidaten oder diesen Bewerber toll finde und ihn einstelle und dann das Team vor beendete Tatsachen stelle und sage, „So, hier ist er. Bitteschön, werde glücklich damit“.
Jochen: Ja.
Achim: Also ich glaube, das ist nochmal ein ganz wichtiger Aspekt.
Jochen: Da fällt mir diese klassische Radfahrer-Mentalität ein, ne? Dass es eben Menschen gibt (das kann man sehen wie man möchte), die sich sehr gut Chefs gegenüber präsentieren können und nach unten eben strampeln und das ist eben ja auch wichtig, dass das eben zum Team passt. Das geht soweit, dass es ein Unternehmen gibt in Brasilien, die letztendlich die Entscheidung dem Team überlassen und das Team letztendlich dann sagen muss, „Wollen wir den oder wollen wir den nicht?“.
Achim: Ja.
Jochen: Und wenn sie beim Team durchfallen, dann passt das nicht, ne?
Achim: Ja, also das ist, letztendlich mache ich das auch so. Also ich habe nicht immer die Chance, dass das ganze Team auswählt, aber zumindest ein/zwei Schlüsselpersonen aus dem Team treffen letztendlich die Entscheidung, also da würde es auch keinen Sinn machen, das irgendwie durchzudrücken. Die sind immer an dem Auswahlprozess dabei und die treffen am Ende auch die Entscheidung. Das ist sicherlich auch noch ganz wichtig.
Jochen: Prima. Also Achim, ganz ehrlich, ich freue mich wirklich über diese sehr, sehr interessante halbe Stunde. Es hat mir persönlich auch sehr viel gebracht und ich bin immer wieder, immer wieder erfreut, wenn ich die richtigen Fragen stelle, tolle Antworten zu bekommen und dich wieder von einer Seite kennenzulernen, von der ich dich bisher nicht kannte.
Achim: Ach.
Jochen: Und das mit sehr großem Respekt. Ich freue mich, dass Ihr oder dass Du heute wieder eingeschaltet hast, könnte man sagen, obwohl wir einen Podcast haben, wo man nach freien Stücken einschalten kann. Wenn Du das nochmal nachlesen möchtest, das Ganze ist zu finden unter: unternehmer.link/37. Einfach in den Browser eingeben und dann kann man dort ein PDF downloaden.
Was gibt es noch zu sagen? Achim?
Achim: Ich habe jetzt nichts mehr zu sagen.
Jochen: Bleibt mir zu sagen… Ja?
Achim: Nein, ich glaube einfach, also das haben wir jetzt natürlich mal angerissen und wir haben, glaube ich, schon gnadenlos überzogen heute und trotzdem habe ich das Gefühl, dass das wirklich nur die Schale kratzt dessen, was da natürlich noch alles dazugehört, aber ich hoffe, dass es zumindest einen ersten Eindruck geben kann und vielleicht die ein oder andere Anregung dabei war.
Jochen: Super. Ich freue mich auf eine tolle Woche und freue mich schon auf die nächste Woche, wenn wir wieder podcasten und Euch auch dort draußen das nochmal alles im Herzen zu rühren und sacken zu lassen. Vielleicht kann man seine entsprechende Strategie zur Bewerberauswahl hier auch nochmal verfeinern, vertiefen und verändern. Vielleicht hast Du auch interessante Anregungen bekommen. Und es bleibt mir zu sagen: Du hast das Recht glücklich zu sein! Bis zur nächsten Woche.